Dr. Robot – Augmented Reality in der Medizin

Ärzte mit VR-Brillen im OP
Ärzte mit VR-Brillen im OP

Klara fragt sich: „Soll ich mein Knie operieren lassen oder lieber nicht?“. Eine Operation (OP) kann auch schief gehen. Ist es sogar besser, im Zweifelsfall auf eine OP zu verzichten?

Wie weit die Forschung ist und wie sie im Klinikalltag funktioniert, diskutieren „Die Wissenschaftsreporter“ mit Diana Herdin von der Fima Brainlab in München-Riem. Brainlab gilt als eine der weltweit führenden Firmen, wenn es um Augmented Reality im OP geht.

https://www.brainlab.com/de

Zu den innovativsten Entwicklungen gehört die Augmented Reality-Brille oder die Virtual Reality-Brille im OP. Das Prinzip ist bekannt von Gamer-Brillen. Der Operateur bekommt virtuell die Patientenanatomie im dreidimensionalen Raum eingeblendet. Mit der Brille sehen Ärzte etwa die Wirbelsäule eines Patienten im Raum schweben. Chirurgen können sich gemeinsam überlegen, wo sie Schrauben setzen oder wo sie während der OP schneiden werden.

Augmented oder Virtual Reality?

AR (augmented reality = ergänzte Realität) kann man sich folgendermaßen vorstellen: Man sieht durch eine Brille vorerst den realen Patienten vor sich. Wenn man das AR-Modul aktiviert, legt sich aber ein bestimmter Datensatz, etwa Blutwerte oder Röntgenaufnahmen wie ein Text über das Bild. Dieses Prinzip kennen viele aus dem Spiel „Pokemon Go“ – die reale Welt und die virtuelle verschmelzen.  Im Spiel werden virtuelle Pokemons werden eingeblendet in echte Straßen oder Parkecken. Bei VR (virtual reality) hingegen ist man komplett in einer virtuellen Welt unterwegs, d.h. man sieht und hört nichts Reales mehr, sondern alles wird digital eingeblendet. Auch dieses Prinzip ist aus der Gamer-Welt bekannt.

Im OP gibt es beides: Augmented Reality und Virtual Reality. Bei der AR überlagern sich echte Bilder eines Organs, eines Tumors oder von Nervenzellen mit digitalen Informationen. Das erlaubt dem Operateur dann die OP schon perfekt im Voraus zu planen.

Die Technik im Klinikalltag

Zuerst wird durch einen CT-Scan (Computertomographische Röntgen-Aufnahmen, bei dem Knochen und Tumore in verschiedenen Ebenen sichtbar werden) ein dreidimensionales Bild des Patienten angefertigt. In diesen Scan zeichnet sich der Operateur dann die zu operierende Stelle z.B. bei einem Tumor ein und überlegt sich, wie er am besten die OP durchführen kann. Ziel ist es, möglichst wenig zu schneiden – man nennt das „minimalinvasiv“.

Der Arzt betrachtet die Operations-Stelle durch die AR-Brille im 3D-Bild und kann im Bild noch Änderungen vornehmen. Wie aber können die realen OP-Instrumente des Arztes mit den digitalen 3D-Bildern synchronisiert werden? Das funktioniert so: An jedem Instrument befinden sich reflektierende Kugeln, die das Infrarotlicht zurückwerfen. Die Kamera weiß somit immer, wo sich das Instrument gerade befindet. Die Kamera überspielt das Bild auf einen Monitor. Der Arzt sieht auf dem Bildschirm genau, wie und wo er seinen Schnitt setzen muss. Die Operation kann auf diese Weise sehr präzise geplant und durchgeführt werden.

Einsatz digitaler Technik im OP

Wie weit ist die Forschung?

Prof. Dr. Nassir Navab von der TU-München entwickelt dieseTechnik gemeinsam mit Forschern und Ärzten der LMU-München weiter. Sie arbeiten an einem System, das den Operateur bei minimalinvasiven Eingriffen unterstützt. Man spritzt sogenannte Tracers (radioaktive Elemente), oder man führt eine Kamera über kleine Schnitte oder Körperöffnungen ein, um die Anatomie des Menschen erkennen zu können.

Tracers dienen dazu, mithilfe von Strahlung, die von einem Empfänger aufgefangen wird, beispielsweise den Tumor eines Patienten sichtbar zu machen. Während der Arzt operiert, erhält er ein Bild der Anatomie über seine Datenbrille. Somit kann er gewissermaßen in den Körper des Patienten „hineinsehen“.

https://www.professoren.tum.de/en/navab-nassir/

Wer haftet, wenn es schief geht?

Unsere Nachfrage bei der Ethik-Kommission der LMU München (Prof. Oliver Rauprich) ergibt: Wenn der Arzt das Gerät richtig anwendet, haftet bei Fehlern die Herstellungsfirma, bzw. die Prüfstelle, die für die Funktionsfähigkeit der Geräte verantwortlich ist.  Macht der Chirurg einen Fehler oder wurde er klinikintern nur mangelhaft unterwiesen, wie das Gerät zu nutzen ist, ist der Betreiber für den Schaden verantwortlich, also die Klinik.

https://www.med.uni-muenchen.de/ethik/index.html

Wie aber werden Patientendaten geschützt? Hier gilt die Datenschutz-Grundverordnung der EU. Diese besagt, dass persönliche Daten nicht weitergegeben werden dürfen. In der Medizin ist eine Datenübertragung aber erlaubt, wenn es um die Gesundheitsvorsorge geht oder auch zur Einschätzung der Arbeitsfähigkeit einer Person. Tatsächlich müssen Firmen wie Brainlab für ihre Geräte Datenschutz-Bestimmungen berücksichtigen und Sicherheitsvorkehrungen für Datenklau treffen.

„Ich denke, dass der Arzt immer die Kontrolle behalten wird, und das ist auch sehr wichtig!“

Diana Herdin

Die Zukunft im OP

Und so sieht die Zukunftsvision „Der Wissenschaftsreporter“ aus: Schon in naher Zukunft muss der Arzt gar nicht mehr vor Ort sein. Mittels VR-Brillen können Ärzte-Teams über Ländergrenzen hinweg eine OP planen. Der Experte ist aus München zugeschaltet, während der ausführende Chirurg in einem einsamen Bergdorf in Afrika operiert. Vielleicht werden große Teile der Operation auch schon über Roboter ausgeführt? Wird der Operateur sogar ganz überflüssig werden?

Und all das könnt Ihr nachhören in unserer Podcast-Folge „Dr. Robot operiert – Augmented Reality in der Medizin.“

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