Die Bundesregierung hat 2020 eine nationale Wasserstoff-Strategie vorgelegt und will neun Milliarden Euro in neue Wasserstoff-Technologien investieren. Denn Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft. Aber ist das Geld auch gut investiert? Das untersuchen „Die Wissenschaftsreporter“ in ihrer aktuellen Folge. Grüner Wasserstoff könnte ein Beitrag sein, um die Auswirkungen des Klimawandels zu bekämpfen – aber wie klappt das in der Wirklichkeit?
Unsere Fragen
- Was ist der Unterschied zu blauem, türkisen und grauen Wasserstoff?
- Wie ökologisch ist grüner Wasserstoff wirklich?
- Ist das geplante Investment der Bundesregierung über neun Milliarden Euro in die Nutzung von Wasserstoff als alternativem Energieträger gerechtfertigt?
Diese und viele weitere Fragen haben wir „Wissenschaftsreporter“ mit Dagmar Kaiser von der Firma „Energiedienst AG“, einem Produzenten von Ökostrom in Rheinfelden am Rhein, diskutiert.
Herstellung von grünem Wasserstoff
Grüner Wasserstoff wird bereits in Deutschland hergestellt. Kraftwerke, die mit erneuerbaren Energien, zum Beispiel Wind und Wasser betrieben werden, erzeugen Öko-Strom, der dann mit Hilfe sogenannter Power-to-Gas-Anlagen zu Wasserstoff umgewandelt werden kann.
Dafür wird der Strom in einen Elektrolyseur geleitet, in dem sich bereits hochreines Wasser (ohne Salze oder Mineralien) befindet. Diesem Wasser wird Kalilauge hinzugefügt, damit es wieder leitfähig wird. Durch das Anlegen von Spannung (natürlich durch Öko-Strom) spaltet sich das Wasser nun in Wasserstoff und Sauerstoff. Der Wasserstoff wird anschließend noch gereinigt, getrocknet und verdichtet, damit er besser gespeichert werden kann.
Die verschiedenen Farben des Wasserstoffs
Wasserstoff an sich ist farblos, aber je nach Herstellungsverfahren teilt man Wasserstoff in vier verschiedene Kategorien ein: grauen, blauen, türkisen und grünen Wasserstoff.
Grauer Wasserstoff entsteht, wenn die Energie zur Elektrolyse aus Erdöl und Erdgas hergestellt und die Abgase dabei weder ordentlich gefiltert noch anderweitig verwendet wurden. Das ist für das Klima natürlich sehr schädlich.
Die Energie für den blauen Wasserstoff wird ebenfalls aus fossilen Brennstoffen gewonnen. Dabei wird jedoch das entstandene CO2 aufgefangen und kann zum Beispiel für die Erzeugung von Kraftstoffen verwendet werden.
Türkiser Wasserstoff wird durch die Spaltung von Methan hergestellt. Dafür werden allerdings sehr hohe Temperaturen benötigt. Auch dieser Wasserstoff ist deshalb nur bedingt klimafreundlich, da die Energie für die Spaltung oft aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird.
Grüner Wasserstoff hingegen ist wirklich klimaneutral und somit klimafreundlich, da nur er rein aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Bei seiner Verbrennung entsteht nur Energie und Wasser, keine schädlichen Abfallprodukte wie etwa Abgase beim Autofahren.
https://www.euwid-energie.de/was-sind-gruener-grauer-blauer-und-tuerkiser-wasserstoff/
Grüner Wasserstoff in der Industrie
Grüner Wasserstoff kann in vielen verschiedenen Bereichen zum Einsatz kommen:
- Er kann den grauen Wasserstoff ablösen, der für die Herstellung von Dünger, aber auch von synthetischen Stoffen wie Kunststoff verwendet wird.
- Es gibt bereits Fahrzeuge, die mit Wasserstoff betankt werden können und so eine umweltfreundliche Alternative etwa zu Verbrennern sind.
- Außerdem wird ein Teil des Wasserstoffs für die Forschung produziert.
Die nationale Wasserstoffstrategie
Deutschland möchte Vorreiter in Sachen Wasserstoff werden. Die Bundesregierung investiert deshalb neun Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung des alternativen Energieträgers. Deutschlands eigene Ressourcen an erneuerbaren Energien reichen jedoch nicht aus, um sich selbst mit grünem Wasserstoff zu versorgen. Deshalb soll ein großer Teil des grünen Wasserstoffs aus dem sonnenreichen Afrika importiert werden, da er dort effizienter und in größeren Mengen hergestellt werden kann.
https://www.bmbf.de/de/woher-soll-der-gruene-wasserstoff-kommen-11766.html
https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/energiewende/wasserstoffstrategie-kabinett-1758824
Kritik an der nationalen Wasserstoffstrategie
Die nationale Wasserstoffstrategie wird jedoch auch scharf kritisiert, zum Beispiel von der Deutschen Umwelthilfe, da die Bundesregierung den grünen Wasserstoff aus Regionen Afrikas importieren will, die den eigenen Energiebedarf teilweise aus Quellen klimaschädlicher Gewinnung wie wie Kohle oder Atomkraft decken. Unter Aspekten der wirtschaftlichen Fairness und globalen Solidarität sollte Afrika deshalb ebenfalls beim Ausbau eines grünen Wasserstoffnetzes unterstützt und nicht von Industrienationen ausgebeutet werden, fordern Umweltverbände.
Auch setzt die Bundesregierung nicht nur auf den ökologisch unbedenklichen grünen Wasserstoff, sondern fördert auch die weniger umweltfreundlichen Varianten. Doch grauer, blauer und türkiser Wasserstoff sind keine umweltfreundlichen Alternativen. Deshalb sollten nur Forschung und Produktion des grünen Wasserstoffs gefördert werden, sagen Kritiker. Genau das aber ist nicht der Fall.
Unser Fazit
Noch ist grüner Wasserstoff sehr viel teurer und ineffizienter als grauer. Doch es wird weiter daran geforscht und er etabliert sich zunehmend. Grüner Wasserstoff könnte eines Tages viele unserer Klima-Probleme lösen. Bis dahin braucht es allerdings noch etwas Geduld – aber der Grundstein ist gelegt.
Und all das könnt Ihr nachhören in unserer Podcast-Folge „Grüner Wasserstoff auf dem Prüfstand“.
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